Die Zeit nach 1945 bis 1956

So langsam und verlockend wie er gekommen war, so schnell und so kläglich ging der Traum vom „Tausendjährigen Reich“ zu Ende. Das so viel gerühmte und „großartige“ irdische Reich war in sich zusammengebrochen. Doch wie sah es jetzt aus? Nach und nach kamen die Bläser und ihre Freunde aus Krieg und Gefangenschaft wieder zurück. Abgekämpft und gedemütigt waren sie, nur den einen Gedanken im Kopf: „Wie wird es zu Hause aussehen?“ Und wie sah es dort aus? Viele Städte waren zerstört, Verkehrswege und Bahnlinien oft von den eigenen Streitkräften gesprengt und Fabriken bombardiert. Münchingen selbst war noch einmal glimpflich davongekommen. Abgesehen von wenigen Granateinschlägen und etwas Maschinengewehrfeuer war der ganze Ort fast heil geblieben. Das Vereinshaus jedoch war umfunktioniert worden und diente bis 1947 als Notunterkunft für Polen.

Die Zeit nach dem Krieg stellte für viele Familien und Gruppen, aber auch für den Posaunenchor einen Neuanfang dar. Die Instrumente, die man in den Schrank gestellt hatte, als man in den Krieg ziehen mußte, waren schnell abgestaubt und wieder einsatzfähig gemacht. So trafen sich fünf der übriggebliebenen sieben Bläser wieder und konnten das tun, wovon sie in der langen Zeit der Abwesenheit im Krieg, im Lazarett oder in Gefangenenlagern geträumt hatten: sie konnten wieder zusammen zu Gottes Lob und Ehre spielen.

Diesen Neubeginn des Posaunenchors nutzten auch einige andere junge Menschen, um ein Instrument zu erlernen und zum Chor hinzuzustoßen. Unter der neuen Leitung von Gottlob Hönes, der sich von nun an für den Chor verantwortlich fühlte, entwickelte sich rasch eine neue Gruppe, die an Ostern 1946 zum ersten Mal wieder im Gottesdienst spielte. Diese Bläser waren:

Josef Bauer, Manfred Bauer, Eugen Deuble,

Gottlob Hönes, Walter Hönes, Immanuel Hütt,

Wilhelm Hütt ,Günther Kocher, Wolfgang Kocher,

Immanuel Köhl, Willi Weil

Einen besseren Zeitpunkt hätten sie nicht wählen können, als an diesem Festtag dem Gott zur Ehre zu spielen, der für uns gestorben und auferstanden ist und der für uns ein beständiges, unzerstörbares Reich erbaut hat. Dieses Spielen an Ostern war auch ein Signal für einen Neuanfang mit Jesus Christus, denn in dieser Zeit wurde vielen bewußt, welches Ziel im Leben wirklich Bestand hat.

Die Anfangszeit war aber erst einmal von sehr großen Engpässen gekennzeichnet. Es mangelte an der Quantität und der Qualität der Instrumente, an finanziellen Miteln und wieder einmal an einem geeignetem Übungsraum. So war es durchaus möglich, daß die Chorprobe in Deubles Sattlerwerkstatt, bei Schreinermeister Schwarz zwischen Schraubzwingen und Hobelmaschine oder auch in der großen Bauernstube bei Otto Hönes stattfand, dessen Hühner jedoch während dieser Zeit vor Schreck nur noch kleine Eier legen konnten.

Zur großen Freude der Bläser fand im Jahr 1950, in dem man auch wieder das neu renovierte Vereinshaus nutzen konnte, der Bezirksposaunentag des Kirchenbezirks Leonberg in Münchingen statt. Viele Bläser aus dem ganzen Bezirk kamen zum Festgottesdienst und anschließendem Platzblasen bei strahlendem Sonnenschein nach Münchingen. Dieser Bezirksposaunentag war für alle Teilnehmer ein Anstoß und Auftrieb, die Posaunenarbeit weiter in den Gemeinden aufzubauen und zu fördern.

Der Dienst des Posaunenchors in der Gemeinde wandelte sich nach dem zweiten Weltkrieg in mancherlei Hinsicht. Stand das Spielen bei Beerdigungen zuvor im Mittelpunkt der Aufgaben, so mußte man nun diesen Dienst sehr einschränken, da viele Bläser arbeiteten und nicht mehr die nötige Zeit dafür aufbringen konnten. An dessen Stelle wurde das Spielen bei Altersjubilaren eingeführt, das noch bis heute ein wesentlicher Bestandteil der Bläserarbeit darstellt. Zusätzlich bot sich dem Posaunenchor die Möglichkeit, in dieser Zeit auch bei anderen Anlässen mitzuwirken, wie etwa bei der Grundsteinlegung, der Glockeneinholung und der Einweihung der Emmauskirche im Kallenberg oder der Glockeneinholung für die Johanneskirche im Jahre 1956.